Eine Segelreise 2020 mit der Xenia
Im August machten wir uns mit 3 Frauen und 4 Männern ü 50 auf den Weg nach Fehmarn, um zwei Wochen die Dänische Südsee zu durchkreuzen. Wir erwischten die heißeste Zeit des Jahres, dabei hatten wir gemäßigten Wind meist aus Südost zwischen 2 und 4. Das passte gut zu unseren Fähigkeiten, die zwischen „sehr erfahren“ und „zum ersten Mal“ lagen. Die einen konnten ihr Können anwenden und auffrischen, die anderen konnten Theorie und Praxis von der Jolle aufs Dickschiff übertragen, für jeden war etwas dabei.
Bei Sonne satt und zwischen idyllischen Küstenstreifen konnten wir uns frei ohne Coronasorgen bewegen. Zur Planung lag uns eine Liste der Häfen vor, die als offene Häfen vorgegeben waren, um während der Pandemiezeit unbedenklich einlaufen zu dürfen. So segelten wir stressfrei diese Strecke ab und entschieden uns nach 6 Reisetagen spontan, welche Ziele wir als nächstes anlaufen wollten.
Die Häfen waren noch recht voll, obwohl in Dänemark und in den norddeutschen Bundesländern die Schule wieder begonnen hatte. Der Hafen Ballen auf Samsö bot uns eine gute Gelegenheit für Hafenmanöver, da wir dreimal verholen mussten. Erst bekamen wir einen Liegeplatz an einer Heckboje. Da wir einen Hafentag geplant hatten, verlegten wir uns am nächsten Morgen in eine frei werdende Box, doch dann wurden wir wegen Vorreservierung an einen weiteren Platz verwiesen, eine Regatta aus der Nähe würde an diesem Tag hier einlaufen. Der Hafenmeister nannte es lachend den “Ballenwalzer“. Auch sonst gab es auf dem Törn kaum ein Manöver, das wir ausgelassen hätten. Jeder bekam die Gelegenheit, An- und Ablegen zu üben, sei es seitlich oder in der Box, auch im Päckchen neben einem sehr netten Iren kamen wir einmal fest. Wenden und Halsen war eine Selbstverständlichkeit, wobei sich ein Zweierteam regattaverdächtig zu unseren besten Wendehälsen entwickelte. Mann über Bord-Manöver wurden mit Segel und unter Motor geübt und auch im Ernstfall getestet: ein frei schwimmender Bootshaken wurde gerettet und als Beutegut an Bord genommen, ebenfalls ein glänzendes Objekt, welches sich bei der Rettung als ein von Deutschland abgetriebener Luftballon mit der Aufschrift „wir gratulieren zur Einschulung“ entpuppte.
Damit wir die abendlichen spektakulären Sonnenuntergänge nicht leid wurden, wollten wir uns im Vergleich auch die Sonnenaufgänge anschauen. So starteten wir zweimal morgens um 4 und segelten mit korrekter Beleuchtung aus dem dunklen Hafen. Lichterführung rechts und links der Hafenausfahrt, Containerschiffe unterwegs, die Große Belt Brücke in der Ferne, Mond und Sterne und dann die Morgendämmerung. Eine wahrlich gut beleuchtete und lohnenswerte Kulisse. Auch sonst wurde es nicht langweilig. Die Besegelung wurde hier und da gewechselt. Die kleine Fock gegen die Genua getauscht, der Gennaker genutzt, aber auch ein Reff war mal nötig. Achterlicher Kurs, vorlicher Kurs, Tonnenstrich fahren, Lateraltonnen, Kardinaltonnen, Vorfahrtsregeln abklären, Handpeilung vornehmen, Kartenkurs analog und digital, alles fand Anwendung und jeder war mal dran. Dabei kam die Naturbetrachtung nicht zu kurz. Im Alssund gab es viele Schweinswale, vor Svendborg sahen wir den Delfin, der sich seit ein oder zwei Jahren dort heimisch fühlt, Kormorane, Möwen und in den Häfen viele Schwalben. Auf den verschiedenen Inseln, die wir anliefen (Als, Fyn, Samsö, Tasinge, Lyö, Aerö, Langeland) gab es mit Fahrrädern oder zu Fuß auch viel zu entdecken und jeder kam auf seine Kosten.
Natürlich muss auch erwähnt werden, dass ein Zweiflammen-Gaskocher und ein entsprechend winziger Herd kein Hindernis dafür sind, sich kulinarisch von 5-Sterne-Köchen versorgen zu lassen. Unglaublich, was die Crewmitglieder alles gezaubert haben, und das auch teilweise, während wir noch weit vom Hafen entfernt waren. Ebenso spielte uns unsere Bordcombo „Zur Blauen Stunde“ mit Gitarre, Bassukulele, Gesang und Kazoo auf. Welche Kreuzfahrt hätte uns da noch Konkurrenz machen können? So haben wir auf dieser Reise alles wunderbar miteinander verbunden: Urlaubsreise, Ausbildungstörn und Bildungsreise. Braun gebrannt, satt und seefest kamen wir nach zwei Wochen nach Burgtiefe zurück. Im Stillen hatten wir gehofft, vielleicht aus Coronagründen nicht wieder ins Land gelassen zu werden und so die Reise verlängern zu können, aber leider hat uns keiner zurück auf See geschickt.